Erlenbruch
Eine erste, weitverbreitete Hypothese läßt den Familiennamen "Xhonneux" im Zusammenhang mit der Erle stehen.
"Xhonneux" ginge phonetisch auf "oneu", der wallonischen Form für das französische "aunaie" zurück. In der Tat wird aus nicht näher bekannten Gründen seit ungefähr 1600 der Name "aune" in Belgien benutzt, um eine Verkleinerungsform auszudrücken, die im Wallonischen auf -onnay endet. Diese Verkleinerungsform, ursprünglich als Beiname benutzt, entwickelte sich später zu einem selbständigen Familiennamen. Das Patronymikum "aunaie" stellt die große Mehrheit der von der Bezeichnung "aune" abgeleiteten Namen dar und verweist sehr oft auf Orte, an denen Erlen standen, doch ohne notwendigerweise dadurch dem Orte den Namen gegeben zu haben. Aus der Wallonie und vor allem aus der Lütticher Gegend stammen die L(h)oneux, mit verschiedenen Schriftformen (etwa 400), sowie die Del(h)oneux, Donneux, Xhonneux, usw.
Bei der Erle (lat. alnus), ehemals auch Eller, Elde oder Else genannt, handelt es sich um einen Laubbaum, dessen Art Schwarz- oder Roterle (lat. alnus glutinosa) vorzugsweise in feuchten Gebieten entlang von Flußläufen beheimatet ist. Mit ihrer konischen und tannenähnlichen, gestreckten und astreichen Krone ist die Erle unverwechselbar. Ihr aufrechter Stamm besitzt zwar keine gewaltigen Äste, dafür aber eine Vielzahl von feinen, gebogenen Zweigen, die gleichmäßig entlang des Stammes verteilt sind.
Der Laut "hon" scheint keltischen Ursprungs zu sein, der sich unter den Einflüssen der lateinischen und germanischen Sprachen aus der keltischen Vokabel "onna" oder "ana" entwickelt hat. Dieser diente bereits in dieser ursprünglichen, keltischen Präfixform zur Bezeichnung eines Ortsnamens. Sogar die Toponymiker sind sich einig darüber, dass die ältesten Fluß- und Quellennamen, und zwar sowohl aus dem heutigen flämischen wie auch wallonischen Landesteil, keltischen Ursprungs sind.
Auch die Deutung der Namensendung -eux weist in die gleiche Richtung. In der Tat hat sich die lateinische Endung auf -etum, wie im vorliegenden Falle von alnetum, vor allen Dingen in der Lütticher Region zunächst in die Endungen -oit und -oir, später in -eur und -eux gewandelt. Diesbezüglich kann noch angeführt werden, dass der Weiler Oneux (Provinz Lüttich) im Jahre 895 als "Alnith" bekannt war. Wie bereits der Kanonikus Roland in seiner "Toponymie Namuroise" ausführt, weist das Suffix -etum allgemein auf den Namen einer Pflanze hin. Ein Beispiel: die Bezeichnung "Jonckeux" (lat. juncetum), Französisch "joncs" (dt. Binse, Schilf), oder "Chaineux" (lat. quercetum), frz. "chêne" (dt. Eiche). Gleichzeitig erweitert die lateinische Endung auf -etum wie übrigens auch die romanische Form -oit oder die zeitgenössische Form auf -eux den Namen noch um den Begriff einer Kollektivität. Das Phonem "eu" wäre anscheinend älter als das zwölfte Jahrhundert und ginge auf fränkisch-gallo-romanische Mischformen zurück, wodurch sich auch der lateinische Ursprung erklärt. Dieser Laut entspräche übrigens dem Französischen "-oi". So wurde beispielsweise ein Ort Loneux in der Provinz Lüttich 1262 "Del Onoit" genannt und 1350 "Gros Onoir". Außerdem schien es für die Schreiber der Dalhemer Droste selbstverständlich, dass die französische Endung -eux der Bedeutung einer Waldung gleichkam. Die flämischsprachigen Schreiber dieser Droste gaben der Ortschaft Lonneux (Weiler bei St. André) im 15.-16. Jh. übrigens den Namen Loenhout. Dies ist auch der Name einer Ortschaft in der Gemeinde Wuustwezel (Provinz Antwerpen), derweil Loen eine Ortsbezeichnung im Dorfe Lixhe (Lieze) bei Visé ist, an der flämisch-wallonischen Sprachgrenze gelegen.
Das Tal des Flusses Berwinne zwischen den Orten Visé und Bombaye war im fünfzehnten Jahrhundert noch von Erlen, die man auch heute noch im Dalhemer Land "onays" nennt, besiedelt. Manche Personen besaßen zur damaligen Zeit dort sogenannte "lonneux", das heißt Erlenbrüche (ein Niederungsmoor mit Erlenbäumen). Es sei darauf hingewiesen, dass die Sippe Xhonneux ihre Wurzeln in Clermont-sur-Berwinne hat.
Wenn ein Toponym zu einem Patronym wird, so kann dies entweder bedeuten, dass jene Familie über eine lange Zeit an einem gewissen Orte seßhaft gewesen ist, oder aber dass es sich um einen Beinamen handelt, um gleichnamige Personen zu unterscheiden. In letzterem Falle wäre der Zusammenhang mit einem Ort eher zufällig. Dies scheint nach dem gegenwärtigen Stand der Nachforschung jedoch hier nicht zutreffend zu sein.
Somit würde sich der Name "Xhonneux" klar und deutlich von der romanischen Form "aunaie" bzw. deren lateinischen Wurzel "alnetum" ableiten, was Erlenbruch bedeutet.
Die Orte, welche auf "ôneû" lauten, jedoch auch häufig "olneux" geschrieben werden und ehemals mit Erlen bepflanzte Gebiete ausweisen, sind sehr verbreitet. Betrachtet man eine detaillierte Karte der Provinz Lüttich, so kann man feststellen, dass die Namen mit der Endung -eur und -eux häufig im östlichen Teile auftauchen und dass man deren eine nicht geringe Anzahl linksseitig der Maas vorfindet (37 zwischen Maas und Weser).
Hier einige Beispiele:
- Das Dorf Olne (Provinz Lüttich) wird aufgrund seiner archaischen Schreibweise im Französischen fälschlicherweise "Olne", jedoch im Wallonischen korrekterweise "ône" ausgesprochen.
- Der Ort Lonneux bei Julémont, welcher bereits im Jahre 1559 in einer Urkunde der Herrschaft Bolland zitiert wird.
- Der Ort Honneux oder Fonds de Lhonneux bei Argenteau
- Der Weiler Lon(n)eux bei St. André
- Devant L(h)oneux bei Esneux
- Doneux bei Marchin (bei Huy)
- Fond Donneux bei Bra (bei Stavelot)
- Haute Fagne dessus l’Honeux bei Wanne (bei Stavelot)
- Honnay-en-Famenne
- L(h)onneux bei Horion-Hozémont
- Les Oneux in Barchon
- Lhoneux in Chênée bei Lüttich
- Lhoneux in Flandern
- Lhonneux bei Saint-Nicolas (Lüttich)
- Lhonneux in Flémalle-Grande
- Loneux bei Trembleur
- Lonneux bei Jalhay, Charneux, Tilff, Wallonisches Venn
- Lonneux in Forrières bei Marche-en-Famenne
- Oneux bei Comblain
- Oneux bei Flémalle-Haute
- Oneux bei Theux
- Oneux in Borlon (bei Marche-en-Famenne)
- Oneux in Esneux
- Oneux, Département Somme, Frankreich
- Sart Doneux bei Goesne (bei Namür)
- Sur Lhonneux bei Cornesse (bei Verviers)
- Sur Oneux bei Tavier (bei Huy)
- Thier d’Oneux bei Aineffe (bei Huy)
Rein interessehalber seien an dieser Stelle einige Übersetzungen für den Terminus "Erle" wiedergegeben:
- alder (Englisch)
- alisa (Gotisch)
- alnetum (Latein)
- alno oder ontano (Italienisch)
- Alskande (Altpreußisch)
- aune oder aulne (Französisch)
- Elksnis oder Alksnis (Litauisch)
- Els (Niederländisch)
- erila (Althochdeutsch)
- gwern (Bretonisch)
- Jelicha (Kirchenslawisch)
- vearn (Irisch)
- Verna (Keltisch)
Der Vollständigkeit halber werden nachstehend einige namensverwandte Familiennamen in extenso aufgelistet. Diese können sprachhistorisch in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
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Lhon(n)eux L’Honeux Lonneux Xhonneux Xhoneux Del(h)oneux Donneux |
Launay Delaunay Lonay Desonais Degrosonais Desonay Launay L(h)onnay Lhonai Launet |
Delaunoy Launoy Launois Lannois Delaunois Delannoy |
Ver(h)elst Vander Elst Van Elst Van Elsen Van Elslande(r) Vanelsacker |
du Verneau du Plessis Vernay Vernet Vernel Verneuil Vergniolle Vergnon Vernion |
Daneben bestehen noch einige, nicht zugeordnete Formen wie z. B. Lannoo, Lanoot, Lanotte, Delanote, Van Delanotte, Vandelannoote, Onneau, L’Onneau, de l’Onneau, les Lanniaux sowie Donys und Donis.